Verhandelt wird immer.
Wer sich vorbereitet ist stets im Vorteil.
Obwohl es bei Verhandlungen, der direktesten Form der Problembehandlung, um das Durchsetzen der eigenen Interessen geht, möchten sich manche Menschen ungern mit diesem Thema auseinandersetzen. Andere nutzen jede Gelegenheit zur Verhandlung und entscheiden sich niemals, ohne vorher um den Preis zu feilschen.
Doch beim privaten Immobilienverkauf geht es um sehr viel Geld. Fehler in der Verhandlung mit Kaufinteressenten können teuer werden. Deshalb möchten wir Ihnen einige Tipps zur erfolgreichen Verhandlungsführung geben. Gleichzeitig möchten wir Sie über unfaire Verhandlungstechniken aufklären und zeigen, wie Sie sich erfolgreich gegen sie wehren können.
Tipp Nr. 1:
Seien Sie bereit, jederzeit auszusteigen
Das ist der wichtigste Tipp für jede Art der Verhandlungsführung. Wenn Sie einmal den Punkt überschritten haben, an dem Sie zu sich sagen: „Jetzt werde ich auf keinen Fall mehr aussteigen!“, haben Sie möglicherweise die Verhandlungen schon verloren. Wenn Sie beispielsweise selbst ein Haus kaufen möchten und sich in das Objekt verlieben, akzeptieren Sie plötzlich Dinge, die Sie bei objektiver Betrachtung niemals tolerieren würden.
Sie sind bereit, persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, nur um in jedem Fall ein Geschäft abzuschließen. Auf diese Weise können Sie keine Verhandlungen gewinnen. Sie können sich sicher sein, dass Ihr Gegenüber ein solches Verhalten in jedem Fall bemerkt und zu seinem Vorteil nutzt. Lernen Sie deshalb, jederzeit aus einer Verhandlung auszusteigen. Sagen Sie sich, dass Sie sich nicht unter Druck setzen lassen. So sind Sie immer bereit auszusteigen, wenn die geforderten Bedingungen für Sie nicht akzeptabel sind. Wenn nötig, geben Sie der Gegenseite zu verstehen, dass Sie bereit sind, die Verhandlungen abzubrechen. Doch versuchen Sie immer, die Verhandlungen zu einem Ergebnis zu führen, ohne tatsächlich gehen zu müssen.
Tipp Nr. 2:
Cool bleiben
Wenn Sie eine emotionale Beziehung zum Objekt aufbauen bzw. aufgebaut haben, laufen Sie Gefahr, die Verhandlung zu verlieren. Sie sind verletzlich und der innere Kampf wird Ihnen wichtige Kräfte rauben. Bleiben Sie bei der Sache. Und bleiben Sie sachlich. Als privater Verkäufer ist es besonders schwierig, emotional unabhängig zu bleiben. Schließlich verkaufen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den größten Vermögenswert, über den Sie verfügen. Es geht eventuell um Ihr Zuhause, in dem Sie und Ihre Familie viele Jahre gelebt haben.
Lassen Sie sich nicht von der Gegenseite provozieren. Selbst Profi-Verkäufer haben große Mühe, sachlich zu bleiben, wenn ihr Produkt kritisiert wird. Für Sie wird diese Situation ungleich schwieriger. Deshalb sollten Sie Kritik niemals persönlich nehmen. Trennen Sie Beziehung und Inhalt einer Verhandlung voneinander. Beachten Sie, dass Kritik zunächst eine Aussage über den anderen ist. Sie können dies leicht verinnerlichen, indem Sie absolute Aussagen einfach in sogenannte Ich-Botschaften umwandeln. Die unten stehende Tabelle gibt einige Beispiele.
Absolute Aussage | ICH-Botschaft |
Das Haus ist zu teuer. | Der Interessent ist der Meinung, wir wären zu teuer. |
Andere Objekte sind schöner. | Der Interessent glaubt oder hat gehört, dass andere Objekte hochwertiger sind. |
So kommen wir nicht weiter. | Der Interessent weiß nicht, was er als nächstes tun soll. |
Tipp Nr. 3:
Bohrertaktik
Kennen Sie das Gefühl beim Zahnarzt, wenn dieser einem unermüdlich einen Zahn aufbohrt? Sie sitzen also in dem Zahnarztstuhl und der Schmerz wird trotz Betäubung immer größer. Hilfesuchend blicken Sie den Arzt an. Der meint jedoch beschwichtigend: „Ist gleich vorbei.“ Doch er bohrt immer weiter...
Bezogen auf Verhandlungen bedeutet das Folgendes: Man ist bereits davon überzeugt, kurz vor dem Ende einer Verhandlung zu stehen. Nun fängt die andere Seite jedoch an, genau diese Bohrertaktik einzusetzen und drängt weiter. Die Vorfreude auf den abgeschlossenen Handel kann einen dazu veranlassen, bei Nachforderungen leicht nachzugeben.
Bei einer Verhandlung stehen grundsätzlich beide Seiten unter Druck. Ist die Verhandlung abgeschlossen, so wird der Druck abgebaut und ein Gefühl der Entspannung stellt sich ein. Wird dann jedoch erneut ein Verhandlungspunkt angesprochen, so stellt sich die Spannung sofort wieder ein. Dies wird als so belastend empfunden, dass der Zustand der Entspannung noch schmerzlicher vermisst wird. Um ihn doch noch schnell zu erreichen, ist die Bereitschaft zu Zugeständnissen sehr groß. Das macht sich die Gegenseite geschickt zunutze.
Einen besonders dreisten Fall der Bohrertaktik erleben Sie möglicherweise erst beim Notartermin. Sie glauben, alle Details seien verhandelt und haben den Termin zur Beurkundung vereinbart. Unmittelbar vor der Unterzeichnung beginnt der vermeintliche Käufer wieder zu verhandeln und fordert von Ihnen weitere Zugeständnisse. Was tun? Sind Sie immer noch bereit auszusteigen? Wollen Sie mit der Suche nach einem Käufer wieder von vorne beginnen? Oder werden Sie allen Forderungen zustimmen, damit Sie den Privatverkauf endlich abschließen können?
Zwei effektive Methoden gibt es, die die Wirkung der Bohrertaktik verringern oder gar verhindern können: Das sichtliche Aufatmen und die eigene Freude am Ende der Diskussion sollte so lange hinaus gezögert werden, wie die Gegenseite noch Gelegenheit hat, weitere Forderungen zu stellen. Ein geschickter Verhandlungsstratege erkennt ansonsten zu leicht die „entspannte“ Lage und nutzt dies gründlich aus. Eine ebenfalls wirkungsvolle Methode ist die Aussage, dass die Gegenseite ein wenig kleinlich zu sein scheint. Der leise Hinweis: „Na hören Sie mal, Sie haben da gerade einen ziemlich guten Vertrag ausgehandelt und jetzt wollen Sie auch noch diese Forderung durchsetzen? Halten Sie das nicht für ein wenig unverschämt?“, erleichtert es Ihnen, die Gegenseite davon zu überzeugen, dass weiteres Bohren nicht mehr erfolgreich sein wird. Es ist wichtig, den anderen zuerst darauf hinzuweisen, dass Sie weiteres Nachverhandeln kleinlich finden, andernfalls wird er Ihnen genau das unterstellen.
Tipp Nr. 4:
Nicht in der Mitte treffen
Es ist eine sehr beliebte Taktik, sich bei unterschiedlichen Preisvorstellungen während einer Verhandlung in der Mitte zu treffen. Zwei Parteien bieten einen unterschiedlich hohen Geldbetrag für eine Sache und treffen sich schließlich in der Mitte. Dabei merkt man jedoch früher oder später, dass man eigentlich gar nicht verhandelt hat.
Nehmen wir Folgendes an: Sie fordern 100.000 Euro für ein Objekt. Ich möchte nur 90.000 Euro bezahlen. Also biete ich einfach 80.000 Euro. Sie werden nun vielleicht Ihre Forderung auf 95.000 Euro reduzieren. Daraufhin biete ich ihnen 85.000 Euro als „letztes Angebot“. Schließlich geben Sie nach und sagen „Warum treffen wir uns nicht einfach in der Mitte? Also 90.000 Euro. Und die Sache ist in Ordnung.“
Betrachtet man diese Verhandlung aus der Sicht des Käufers, so hat dieser genau das erreicht, was er von vornherein geplant hatte. Letztendlich hat er ihnen bereits bei 80.000 Euro zu verstehen gegeben, dass er nur 90.000 Euro zahlen möchte. Die beste Vorgehensweise, um sich nicht in der Mitte treffen zu müssen, besteht darin, dass man es tunlichst vermeidet, selbst den kleinsten Hinweis dahingehend zu meiden. Machen Sie keine Zugeständnisse auf die Mitte, auch nicht schrittweise. Behalten Sie Ihr ursprüngliches Angebot einfach bei und warten Sie ab, wie die Gegenseite reagiert. Hat Ihr Gegenüber nämlich in dem obigen Beispiel die 80.000 Euro nur geboten, um bei 90.000 Euro anzukommen, so wird er selbst auf die Idee der „goldenen Mitte“ kommen.
Doch was ist damit erreicht? Ihnen ist es gelungen, dass der potenzielle Käufer nicht wie anfänglich nur 80.000 Euro bietet, sondern von sich aus bereits 90.000 Euro akzeptiert. Selbstverständlich stimmen Sie diesem Angebot nicht zu, sondern bitten sich eine kurze Bedenkzeit aus.
Nach einer kurzen Pause, in der Sie sich am besten zurückziehen, können Sie der Gegenseite eröffnen: „Ich habe die Sache noch einmal durchdacht. Ich bin nicht in der Lage, auf 90.000 Euro herunterzugehen. Es tut mir wirklich leid, da uns jetzt nur noch 10.000 Euro voneinander trennen. Aber in diesem Fall warte ich lieber noch ein wenig ab, bis ich den richtigen Käufer gefunden habe.“ Sie betonen mit dieser Aussage, dass Sie davon ausgehen, dass sich Ihr Gegenüber bereits auf 90.000 Euro eingelassen hatte.
Warten Sie nun die Reaktion der Gegenseite ab. In den meisten Fällen wird der Vorschlag kommen, sich doch auf 95.000 Euro zu einigen. Wenn Sie zufrieden sind, schließen Sie jetzt den Kauf ab. Ansonsten verwenden Sie die Taktik gleich ein weiteres Mal. Viel Erfolg!